
Innenminister will härtere Strafen bei Kinderpornographie.
Wie unter anderem unter https://www.behoerden-spiegel.de/2020/01/08/vorgehen-gegen-kinderpornografie-muss-intensiviert-werden/ nachzulesen ist, hat der Innenminister von NRW gefordert, die Mindest- und Höchststrafen für den Besitz, Verbreitung und Herstellen kinderpornographischer Schriften zu erhöhen.
Der Innenminister soll ins Spiel gebracht haben, sämtliche Straftatbestände des § 184b StGB – zumindest aber bei bandenmäßigem und gewerbsmäßigen Handeln – zu Verbrechen zu machen, indem die Mindeststrafe auf 1 Jahr Freiheitsstrafe erhöht werde.
Es dürfe jedenfalls (bezogen auf „normalen Besitz etc. kinderpornographischer Schriften) nicht sein, daß ein einfacher Diebstahl höher bestraft werde als der Besitz kinderpornographischer Bilder und Videos.
Als Jurist und Rechtsanwalt, der in zahlreichen Kinderpornoverfahren deutschlandweit tätig war und ist, läßt sich dazu eines sagen: Der Innenminister redet hier anscheinend über die unterschiedlichen Strafrahmen, also die Mindeststrafe und die Höchstrafe. Tatsächlich liegt der Strafrahmen bei Diebstahl gemäß § 242 zwischen Geldstrafe und Freiheitsstrafe bis 5 Jahre Gefängnis.
Beim Besitz von Kinderpornographie gemäß § 184b Absatz 3, 2. Alternative StGB gibt es mindestens eine Geldstrafe, höchstens eine Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahre Gefängnis.
Hier einfach die Höchststrafe zu erhöhen, würde jedoch in voraussichtlich fast allen Fällen des Besitzes kinderpornographischer Schriften gar keine Änderung der konkreten Strafen bewirken:
In vielen Fällen des „einfachen“ Besitzes, also ohne Herstellen und Verbreiten (schon gar nicht gewerbsmäßig oder bandenmäßig), wird doch am Ende – eine gute Verteidigung vorausgesetzt – gar keine Freiheitsstrafe verhängt, sondern eine Geldstrafe (dann in der Regel bis zu 6 Monatseinkommen).
Im mittleren bis schweren Bereich des Besitzes gibt es Freiheitsstrafen, die zur Bewährung ausgesetzt werden können und bei guter Verteidigung auch ausgesetzt werden. Da die Grenze für bewährungsfähige Strafen bei zwei Jahren liegt, ist das die „magische“ Grenze.
Wenn eine Gericht über zwei Jahre geht, und damit eine Bewährung unmöglich ist, dann spielt es auch kaum eine Rolle, ob die Strafe nun zweieinhalb Jahre, 3 Jahre (derzeitiges Höchstmaß bei Besitz von Kinderpornos) oder 4 Jahre beträgt.
Sinn der Strafe soll doch sein, zukünftige Straftaten zu verhindern. Wer „nur“ besitzt, und sei es eine gewaltige Menge Kinderpornos, sollte in den meisten Fällen eine Bewährung plus eine Therapieauflage erhalten. Das wäre sicherlich gesellschaftlich am besten und auch für den Angeklagten das richtige. Es ist zwar verständlich, in Einzelfällen auch bei bloßem Besitz eine Strafe ohne Bewährung verhängen zu wollen, aber eine Erhöhung der Maximalstrafe dürfte weder mehr wirksame Abschreckung bringen, noch zu mehr Einzelfallgerechtigkeit führen. Wenn drei Jahre zur Abschreckung nicht taugen, dann werden es auch fünf Jahre nicht tun.
Auch eine Hochstufung des gewerbs- oder bandenmäßigen Handels bei der Herstellung oder Verbreitung kinderpornographischer Schriften gemäß § 184b Absatz 1 und 2 StGB ist zumindest dann kritisch zu sehen, wenn dabei nicht auch die Möglichkeit eines minder schweren Falles geschaffen wird, der im Einzelfall auch wieder Strafen unter einem Jahr Freiheitsstrafe erlaubt.
Thomas Pohl
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Strafrecht