Holzhammer als Symbol für die Justiz

Besitz Kinderpornos: Kein Lehrer mehr

Besitz Kinderpornos: Kein Lehrer mehr

Mit Urteilen vom 24.10.2019 hat das Bundesverwaltungsgericht zwei Lehrer aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Damit hob das Gericht die anderslautenden Gerichtsentscheidungen der Vorinstanzen auf.

Die Lehrer waren strafrechtlich wegen des Besitzes Kinderpornographischer Schriften gemäß § 184b Absatz 2 StGB zu eher geringen Geldstrafen verurteilt worden.

Der Dienstherr wollte beide aus dem Beamtenverhältnis entfernen und erhielt in letzter Instanz recht. Die Vorinstanzen hatten die Entlassung der Lehrer abgelehnt.

Begründet wurde dies damit, daß eine außerdienstliche Verfehlung eines Beamten, die strafrechtlich eher milde sanktioniert wird, nicht im Disziplinarverfahren die strengste Folge haben könne.

Das sah das Bundesverwaltungsgericht ganz anders:

„Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt.

Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG hat die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zwingend den Verlust der Beamtenrechte zur Folge“

So weit, so klar. Schwierig wird es bei der Wertung im Einzelfall, vor allem, wenn die Strafen im unteren Bereich des Möglichen liegen.

Das Bundesverwaltungsgericht stellte in den vorliegenden Fällen darauf ab, daß die Beamten Lehrer waren. Der damit verbundene Erziehungsauftrag und der Umgang mit Kindern unter Berücksichtigung der Vorbildfunktion von Lehrern habe zur Folge, daß der Besitz kinderpornographischer Schriften in aller Regel zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führe.

Dazu das Bundesverwaltungsgericht:

Danach zerstört ein Lehrer, der kinderpornographische Schriften besitzt, in aller Regel die Grundlage für das für sein Statusamt erforderliche Vertrauen. Er ist in den Augen der Allgemeinheit – zu der auch die Elternschaft gehört – grundsätzlich nicht mehr als Beamter tragbar. Dies gilt unabhängig von Anzahl, Art und Inhalt der kinderpornographischen Schriften. Denn mit dem Erziehungsauftrag und der Erziehungsaufgabe eines Lehrers ist jeder Besitz kinderpornographischer Schriften unvereinbar.

BVerwG 2 C 4.18

Thomas C. Pohl
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Strafrecht

Bild einer Festnahme durch die Polizei

Innenminister will härtere Strafen bei Kinderpornographie

Innenminister will härtere Strafen bei Kinderpornographie.

Wie unter anderem unter https://www.behoerden-spiegel.de/2020/01/08/vorgehen-gegen-kinderpornografie-muss-intensiviert-werden/ nachzulesen ist, hat der Innenminister von NRW gefordert, die Mindest- und Höchststrafen für den Besitz, Verbreitung und Herstellen kinderpornographischer Schriften zu erhöhen.

Der Innenminister soll ins Spiel gebracht haben, sämtliche Straftatbestände des § 184b StGB – zumindest aber bei bandenmäßigem und gewerbsmäßigen Handeln – zu Verbrechen zu machen, indem die Mindeststrafe auf 1 Jahr Freiheitsstrafe erhöht werde.

Es dürfe jedenfalls (bezogen auf „normalen Besitz etc. kinderpornographischer Schriften) nicht sein, daß ein einfacher Diebstahl höher bestraft werde als der Besitz kinderpornographischer Bilder und Videos.

Als Jurist und Rechtsanwalt, der in zahlreichen Kinderpornoverfahren deutschlandweit tätig war und ist, läßt sich dazu eines sagen: Der Innenminister redet hier anscheinend über die unterschiedlichen Strafrahmen, also die Mindeststrafe und die Höchstrafe. Tatsächlich liegt der Strafrahmen bei Diebstahl gemäß § 242 zwischen Geldstrafe und Freiheitsstrafe bis 5 Jahre Gefängnis.

Beim Besitz von Kinderpornographie gemäß § 184b Absatz 3, 2. Alternative StGB gibt es mindestens eine Geldstrafe, höchstens eine Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahre Gefängnis.

Hier einfach die Höchststrafe zu erhöhen, würde jedoch in voraussichtlich fast allen Fällen des Besitzes kinderpornographischer Schriften gar keine Änderung der konkreten Strafen bewirken:

In vielen Fällen des „einfachen“ Besitzes, also ohne Herstellen und Verbreiten (schon gar nicht gewerbsmäßig oder bandenmäßig), wird doch am Ende – eine gute Verteidigung vorausgesetzt – gar keine Freiheitsstrafe verhängt, sondern eine Geldstrafe (dann in der Regel bis zu 6 Monatseinkommen).

Im mittleren bis schweren Bereich des Besitzes gibt es Freiheitsstrafen, die zur Bewährung ausgesetzt werden können und bei guter Verteidigung auch ausgesetzt werden. Da die Grenze für bewährungsfähige Strafen bei zwei Jahren liegt, ist das die „magische“ Grenze.

Wenn eine Gericht über zwei Jahre geht, und damit eine Bewährung unmöglich ist, dann spielt es auch kaum eine Rolle, ob die Strafe nun zweieinhalb Jahre, 3 Jahre (derzeitiges Höchstmaß bei Besitz von Kinderpornos) oder 4 Jahre beträgt.

Sinn der Strafe soll doch sein, zukünftige Straftaten zu verhindern. Wer „nur“ besitzt, und sei es eine gewaltige Menge Kinderpornos, sollte in den meisten Fällen eine Bewährung plus eine Therapieauflage erhalten. Das wäre sicherlich gesellschaftlich am besten und auch für den Angeklagten das richtige. Es ist zwar verständlich, in Einzelfällen auch bei bloßem Besitz eine Strafe ohne Bewährung verhängen zu wollen, aber eine Erhöhung der Maximalstrafe dürfte weder mehr wirksame Abschreckung bringen, noch zu mehr Einzelfallgerechtigkeit führen. Wenn drei Jahre zur Abschreckung nicht taugen, dann werden es auch fünf Jahre nicht tun.

Auch eine Hochstufung des gewerbs- oder bandenmäßigen Handels bei der Herstellung oder Verbreitung kinderpornographischer Schriften gemäß § 184b Absatz 1 und 2 StGB ist zumindest dann kritisch zu sehen, wenn dabei nicht auch die Möglichkeit eines minder schweren Falles geschaffen wird, der im Einzelfall auch wieder Strafen unter einem Jahr Freiheitsstrafe erlaubt.

Thomas Pohl
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Strafrecht